Die Zeit von der
Vereinsgründung 1876 bis 1952
(aus der
Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum
verfasst
von Dr. Georg Wagner)
1876-1902
Die Bestrebungen, auch außerhalb der
Kirche den Chorgesang zu pflegen, hatten ihren Ursprung in den
ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts. In der Schweiz
vor allem bildeten sich Gruppen, die den Gesang um seiner selbst
Willen pflegten. Diese Entwicklung fand sehr bald Eingang
in unserem Vaterland. Unsere Tondichter hatten gute Vorarbeit
geleistet. Ein unerschöpfliches Liedgut, vom einfachen Volkslied
bis zum komplizierten Kunstgesang wartete darauf, zum Leben
erweckt zu werden. Die Zahl der Vereinsgründungen wuchs schnell
an, sodass man sehr bald nach deutscher Art das Bedürfnis
fühlte, sich zu einem größeren Bund zusammenzuschließen.
Stuttgart und Karlsruhe sind die Städte, in denen in der Mitte
des vorigen Jahrhunderts die ersten großen Liederfeste
stattfanden.
Seine Krönung fand dieses Streben nach einem
Zusammenschluss auf dem großen Sängertag in Coburg im Jahre
1862. Es war der Geburtstag des deutschen Sängerbundes. Wenn auch die
folgenden Jahre durch die beiden Kriege 1866 und 1870/71 der
weiteren Entwicklung des Vereinslebens nicht eben günstig
genannt werden konnten, so boten die auf diese beiden Kriege
folgenden Jahre mit ihrem wirtschaftlichen Aufschwung die
Voraussetzung, dass die nun einmal eingeleiteten Bestrebungen der
Förderung des Chorgesanges wieder Auftrieb erhielten.
So fanden sich
auch in Dürrn im Jahre 1877 etwa zwei Dutzend Männer zusammen,
die der heute noch sprichwörtlichen Sangesfreudigkeit und
Geselligkeit ihrer Mitbürger eine Richtung und einen Halt gaben
in der Gründung eines Gesangvereins mit dem vielsagenden, ein
ganzes Programm enthaltenden Titel EINTRACHT.
Von den Gründern sind uns nur noch folgende Namen
überliefert:
Jakob Bossert, Karl Bossert, Gaide, Jakob
Gregorius, Cornelius Käfer, Matheus Schäfer, Daniel Klotz und
Philipp Klotz.
Die Gründungsmitglieder gaben sich als Satzung eine recht
straffe Ordnung, die den Berichten nach auch streng gehandhabt
wurde. Die dadurch wirkende Selbstreinigung ließ den Verein in
den ersten Jahren nicht auf eine große Zahl anwachsen. Es
bildete sich dafür, was wertvoller war, ein Stamm treuer
Sängeridealisten heraus, der alle Krisen überwand.
Das
fünfjährige Bestehen im Jahre 1882 war schon mit einer
Fahnenweihe verbunden. Es muss in dieser Zeit nicht immer ein
gutes Einvernehmen mit dem Pfarramt bestanden haben. So wird dem
Chronist berichtet, dass im Jahre 1882 anlässlich der Grablegung
eines Vereinsmitgliedes, der damalige Pfarrer Schmitthenner die
Beisetzungsfeierlichkeiten unterbrach als Protest gegen die
Absicht des Gesangvereins, seinem verstorbenen Vereinsmitglied
ein Abschiedslied zu singen.
In den Jahren 1887-89 hatten sich
einige Sänger in einem zweiten Verein mit dem Namen
"Erheiterung" zusammengefunden. Man löste sich jedoch
bald wieder auf und kehrte reumütig zur Eintracht'
zurück.
Im Jahre 1899
wagte sich der Verein unter seinem damaligen Chorleiter Jakob
Rothenstein zum erstenmal an die Öffentlichkeit. Man beteiligte
sich an einem Preissingen in lspringen. Die Dürrner Sänger
durften mit ihrem Erfolg ein zweiter Preis in Gestalt
einer silbernen Medaille zufrieden sein. Sie errangen
diesen Preis mit dem Lied Frau Meisterin reichet mir die
Hand. In der Folgezeit wechselte nun fast jedes Jahr der
Chorleiter. Dass der Verein trotz dieses Umstandes von Erfolg zu
Erfolg schritt, sprach für das gute Stimm-Material und den
gesunden Ehrgeiz seiner Mitglieder.
1903-1914
Die nächsten
Stationen äußeren Erfolges erreichte der Verein unter
Chorleiter Gramlich 1902 anlässlich eines Werbesingens in
Langhausen und vor allem 1903 in Derdingen. Gegen starke
Konkurrenz errangen unsere Sänger hier einen 1a Preis. Unsere
Bauschlotter Nachbarn waren damals recht böse, dass ihnen die
Dürrner Sänger den Siegerkranz weggeschnappt hatten. Die
Revanche blieb jedoch nicht aus. Diese Rivalität war gesund, da
sie nie den sachlichen Boden verließ.
Im Jahre 1905 holte der Gesangverein sein
25-jähriges Jubiläum nach, mit einem Fest, das ursprünglich im
örtlichen Rahmen vorgesehen war, aber dank der Beliebtheit und
der anerkannten Leistung der Eintracht im Bunde der
Nachbarvereine sich zu einem würdigen Jubiläumsfest entwickelt
hatte. Im gleichen Sommer war Dürrn im benachbarten Bauschlott
zu Gast. Bei dem dort veranstalteten Preissingen holten sich die
Bauschlotter die Revanche für 1903. Sie erhielten den 1a Preis
und verwiesen Dürrn mit dem Vortrag einer etwas schwierigen
Komposition Oh, schöne Rosenzeit auf den 1b Preis.
Verärgert über eine angebliche unrichtige Bewertung verließ
man den Festplatz. Nicht genug damit, führte der Misserfolg noch
obendrein zu einer Spaltung des Vereins.
Unter dem Namen
Krakelia scharten sich etwa 25 Sänger unter Karl
Kälber um eine eigens dafür gestiftete Fahne. Aber Name wie
Fahne hatten nicht lange Bestand. Schließlich fanden alle
Sänger wieder den Weg zur Eintracht in des Wortes
weitester Bedeutung. Das alles spielte sich in wenigen Wochen des
Sommers 1905 ab, zusammen mit dem nun folgenden Höhepunkt des
gleichen Jahres. Der damalige Chorleiter Proks beteiligte
sich mit 25 ausgesuchten Sängern des Vereins an einem Wettstreit
im Saalbau Pforzheim und errang dort mit dem Lied Und bin
ich Dir nicht gut genug den 1a Preis und 80 Mark in bar
gegen stärksten Wettbewerb. Die Freude über den errungenen Sieg
wollte begreiflicher-weise kein Ende nehmen. Im Überschwang des
Feierns zunächst in Pforzheim und dann natürlich als
Fortsetzung in Dürrn - fanden die Sänger in den ersten Tagen
nicht einmal den Heimweg.
Auch die
nachfolgenden Jahre bis zum 1. Weltkrieg änderten nichts an dem
einmal errungenen Stand der Eintracht. Auf dem
Sängerfest 1907 in Bullach ersang sich der Verein mit dem Lied
Wenn die Nachtigallen schlagen einen 1b Preis. Bei
den Jubiläumsfeierlichkeiten der Jahre 1908 in Kieselbronn und
1909 in Eutingen überreichte man dem Gesangverein
Eintracht in beiden Fällen einen 2. Preis. Zum
Vortrag gelangten Es liegt eine Krone im tiefen Rhein
(Kieselbronn) und Mein Lieb siehst Du Dein Gärtlein
dort (Eutingen). Erst 1911 gelang den Sängern wieder ein
großer Wurf. Bei einem Preissingen in Würm im Sommer 1911
errang Dürrn einen 1a Preis und 100 Mark in bar mit dem Lied
Schwört bei dieser blanken Wehre.
Die Spanne von
1900 bis 1914 war nicht nur eine Zeit des äußeren Erfolges. Sie
war eine Zeit voll entwickelten geselligen Lebens. Damals war der
Tag der Generalversammlung ein hoher Feiertag für
jeden Sänger. Mit der Übernahme eines Amtes im Vorstand hatte
das betreffende Mitglied ein Fass Bier zu stiften, als Dank für
die erwiesene Ehre. Eines Originals aus dieser Zeit soll noch
gedacht werden: Christian Weber, allgemein der
Landauer genannt, weil er bei den bayrischen
Dragonern in Landau gedient hatte. Wenn der inoffizielle Teil
einer Generalversammlung, einer Abendunterhaltung oder sonstigen
Veranstaltung des Vereins einen gewissen Höhepunkt erreicht
hatte, dann tanzte der Landauer in Strümpfen auf dem
Tisch den obligaten Krappetanz.
1914-1938
Mit Beginn des
1. Weltkrieges hatte das Vereinsleben mit einem Schlage ein Ende
gefunden. Wohl wurde der Verein von den Mitgliedern, die daheim
geblieben waren, weitergeführt. Ihnen oblag die traurige
Pflicht, manchem treuen Sängerkameraden mit einem Abschiedslied
die letzte Ehre zu erweisen. Am Ende dieses furchtbaren
vergeblichen Ringens hatte der Verein sechs Tote zu beklagen.
Die Kraft des Liedes
überwand die damals so trost- und aussichtslos erscheinende
Lage. Die heimgekehrten Sänger trafen sich selbstverständlich
wieder in ihrer Eintracht, zur Pflege des deutschen
Liedes. Hier fanden sie die Stärkung, die sie die
wirtschaftliche Situation ihrer Zeit leichter ertragen ließ.
Erst ab
1922 unter Hochstetter trat der Verein wieder an die
Öffentlichkeit. Während jedoch 1925 in Ölbronn nur ein 2.
Preis errungen werden konnte, brachten die Dürrner Sänger unter
ihrem neuen Chorleiter Fritz Dittus in den
Jahren 1926 aus Bauschlott und
1927 aus Niefern je einen 1a Preis mit nach
Hause. Im gleichen Jahr, 1927, beging der Gesangverein sein
50-jähriges Bestehen in großer Aufmachung und ebensolchem
Programm. Schöne Erfolge waren dem Verein beschieden 1928 in
Plankstadt mit einem 1a Preis und 100 Mark in bar, 1929 mit
einem 1b Preis in Neulußheim, 1930 in Huchenfeld mit einem 2.
Preis und 1931 mit einem 1b Preis in Ötisheim.
In den
folgenden Jahren bis zum Beginn des 2. Weltkrieges traten die
Wertungssingen zugunsten der Konzertsingen mehr in den
Hintergrund. Bei allen Veranstaltungen der Umgebung, wie in
Kieselbronn, Göbrichen und Eisingen, war die
Eintracht stets ein gern gesehener Gast, dessen
gesangliche Leistung nie enttäuschte.
1939-1952
Wieder einmal
griff das Schicksal mit harter Faust auch in unser Vereinsleben
ein. Wir schreiben mittlerweile das Jahr 1939. Wieder war
es eine Handvoll in der Heimat verbliebener Sänger, die den
Verein am Leben hielten, voran der langjährige Vorstand und
jetzige Ehrenvorstand Karl Schäfer. Manch altem Sänger wurde
das letzte Geleit gegeben. An vielen Gedenkfeiern für die
Gefallenen beteiligte sich die kleine Schar
Eintrachtler mit ehrenden Chören. Eines Tages nahm
auch dieser Kampf ein Ende, wenn auch ein recht bitteres und
opfervolles. Alle Erinnerungsstücke, die errungenen Preise,
nicht zuletzt noch die ehrwürdige Fahne und ein großer Teil der
Vereinstagebücher wurden eine Beute der einmarschierenden
Truppen. Trotz allem war der Sängergeist nicht erloschen. In
ihrer Eintracht haben sie sich wieder
zusammengefunden. Erfreulicherweise ließ sich die Jugend in den
Bann des Chorgesangs ziehen, so dass der Verein nicht nur
schmerzliche Lücken schließen konnte, sondern verjüngt im
wahrsten Sinne des Wortes seine Aufgabe wieder aufnehmen durfte.
Dieser Dienst am deutschen Lied gelang dem Verein um so besser,
als man in Franz Strauß, Pforzheim, einen Dirigenten gewann, der
es mit seinem Humor in jener Zeit der Depression verstand, jede
Singstunde zu einem fröhlichen Erlebnis zu machen. Das erste
Konzert nach dem Kriege im Jahre 1947 im Schloßgarten in Dürrn
unter Mitwirkung von Irmgard Nittel des Stadttheaters Pforzheim,
stand auf beachtlichem Niveau.
Die in den folgenden Jahren besuchten
Veranstaltungen in Brötzingen und Ispringen bewiesen, dass die
Dürrner Sänger ihren alten guten Ruf nicht eingebüßt hatten.
Im Laufe der Zeit machte sich dann bemerkbar, dass Franz Strauß
in erster Linie Instrumentalist war. Die Sänger strebten jedoch
eine gesangspädagogische Führung an, so dass es schließlich im
Jahre 1950 zu einem Dirigentenwechsel kam.
Nach einer
zuvor abgehaltenen Probesingstunde gab ein junger Künstler aus
Pforzheim, Kapellmeister Gerd Fleig, sein Debüt beim
Gesangverein Eintracht in Dürrn. Die straffe Zucht
in der Singstunde, die hohen Anforderungen im Lied und im Können
an die Sänger, blieben nicht ohne Einfluss auf die gebotene
Leistung. Das erste Konzert unter Fleig am 19. November 1950, im
Schloßgarten in Dürrn, zeigte den Anwesenden, was ein Dirigent
aus unseren Sängern herausholen konnte. Dieser Auftritt mit dem
neuen Dirigenten war gleichzeitig ein großer Erfolg für den
Verein. Der nächste Höhepunkt sollte aber bald darauf folgen.
Im folgenden Jahr bestritt der Gesangverein Eintracht
ein Kirchenkonzert zugunsten eines Glockenfonds. Diese
Veranstaltung bedeutete für Dürrn ein gesellschaftliches
Ereignis ersten Ranges mit namhaften Besuchern aus dem Stadt- und
Landkreis Pforzheim. Die wohl einmaligen Leistungen der Sänger
sowie der Mitwirkenden, Käthe Flaren (Sopran) und Herr Scheible
(Orgel), führten zu hervorragenden Kritiken der anwesenden
Presse über Programmhöhe und -ausführung. Dieser Tag war ein
Höhepunkt in der Vereinsgeschichte schlechthin.
Im gleichen Jahr konnte die Eintracht mit der
Teilnahme am Wertungssingen in Oberhausen einen weiteren Erfolg
verbuchen. Sie errang mit den Chören Abendrot und
Muß i denn zum Städtele naus die Note Sehr
gut. Durch die Erfolge bestätigt, und bestrebt, noch
mehr zu erreichen, erwog man nun in der Eintracht, im
Rundfunk aufzutreten. Dieser Tag, der ebenfalls in die
Vereinsgeschichte einging, kam dann im Jubiläumsjahr 1952.
Am 9. März bestritt die Eintracht in der Sendung
Stunde des Chorgesangs das gesamte Programm. Mit den
Chören Die Vesper, Abendrot, Über
allen Gipfeln ist Ruh, Der Rattenfänger,
Komm fein Liebchen, Das Kätzchen und
Muß i denn zum Städtele naus, boten die Sänger,
nach den Kritiken der Tageszeitungen zu urteilen, eine einmalige
Leistung. Mehr noch wurde von allen Hörern, vor
allem kritischen Hörern der Nachbarvereine, rückhaltlos die
Schönheit der Darbietung anerkannt. Der Verein selbst konnte mit
seiner Leistung, insbesondere im Hinblick auf das 75-jährige
Jubiläum, stolz sein. Bevor die Eintracht nun ihr
75-jähriges Jubiläum feierte, beteiligte sie sich noch an den
Kritiksingen in Königsbach und Bilfingen, wo man mit den Noten
Sehr gut und Gut abschnitt.
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